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Kleiner Auszug aus dem Krimi "Der Tod trägt weiß"

 

„Sagt Ihnen der Name Namen `Achilles´ etwas?“, fragte Weiner lauernd.

„Ich wäre ein schlechter Lehrer, wüsste ich nicht, wer Achilles war“, entgegnete Wiesinger ziemlich heftig, „ein Halbgott in der griechischen Mythologie, das sollten Sie als halbwegs gebildeter Mensch auch wissen.“

Weiner nahm diese Aussage mit einem Nicken zur Kenntnis. Bei einem Verhör, und er fand, dass dies eines war, musste man emotionslos bleiben, auch wenn der Verdächtigte noch so beleidigend wurde.

„Ich meinte nicht die Märchen aus der Urzeit“, entgegnete er daher beinahe sanft, „sondern ob Ihnen heute, hier, jemand bekannt ist, der sich `Achilles´ nennt.“

Wiesinger saß mit offenem Mund da, die Stirn nachdenklich gerunzelt.

„Bedaure“, meinte er schließlich, „das müsste jemand sein, der sich intensiv mit der griechischen Mythologie beschäftigt.“ Er verzog sein Gesicht zu einem hämischen Grinsen. „Ich kenne nur einen Einzigen mit dieser Leidenschaft und der heißt Hartwig Mauser, seines Zeichen Universitätsprofessor, aber den haben Sie ja heute schon gesehen.“ Er zögerte ein wenig und dann sprudelte es aus ihm heraus: „Glauben Sie ihm nicht, was er über mich sagt.“

Nun mischte sich Felber ein: „Er hat nur Gutes über Sie erzählt“, log er, denn soweit er sich erinnerte, hatten sie über ihn kein Wort verloren. „Kann es sein, dass zwischen ihnen quasi eine Feindschaft besteht?“

„Eine alte Geschichte“, murmelte der Lehrer, „darüber will ich mich nicht äußern.“

„Na gut, lassen wir das im Moment.“

Zum Beginn des zweiten Teils der Befragung zog er das Foto von Silvia Roland hervor. „Wie Sie sicher wissen, hat es noch einen weiteren Mord gegeben. Kennen Sie die Frau?“

Wiesinger wurde blass, als er das Gesicht sah, und seine Hand zitterte bedenklich, als er das Bild hochhob. „Silvia? Das ist Silvia.“ Das Bild flatterte zu Boden. „Sie ist tot? Ermordet? Aber wer …“

„Das fragen wir Sie“, mischte sich Weiner ein, „schließlich war sie Ihre Freundin. Sie hat sich von Ihnen getrennt, Sie haben das nicht verkraftet und schon haben wir das beste Tatmotiv. Um nicht in Verdacht zu geraten, haben Sie den ersten Mord nachgestellt. Wobei allerdings noch unklar ist, ob dieser nicht auch auf Ihre Kappe geht.“

„Aber …, so war es ja nicht“, rief Wiesinger, und dann erzählte er, dass er und Silvia sich auseinander gelebt hatten, sich kaum mehr sahen, er dachte, dass sie jemand anderen hätte. Er berichtete weiter über die verrückte Idee von Albert, dem jungen Mauser, die Frauen zu tauschen und über seine hirnverbrannte Aktion, Albert zu der Aussprache mit Silvia einzuladen.

„Er nahm sie dann tatsächlich mit … Aber ich war offen gestanden so erleichtert, dass alles ohne Streit über die Bühne gegangen ist … da hat mich das nicht mehr weiter gekümmert. Seitdem habe ich Silvia nicht mehr gesehen, das müssen Sie mir glauben.“

Das klang alles so verrückt, dass es schon wieder wahr sein konnte. Wer dachte sich schon eine so unglaubliche Geschichte aus, um an ein Alibi zu kommen?

Felber war der Meinung, dass Wiesinger die Wahrheit sagte. „Wir werden das genau überprüfen“, sagte er streng und log dabei unverfroren, denn Mauser hatte ja dieselbe komische Story erzählt. Dann erhob er sich, bereit zu gehen. Weiner wollte protestieren. Er hätte den Mann gerne noch einmal in die Mangel genommen. Aber Felber war der Boss, also verabschiedeten sie sich. Natürlich nicht ohne den Hinweis, dass sie wieder kämen – wahrscheinlich. Die beiden Beamten legten auf dem Weg zum Auto, das sie nicht weit von der Villa entfernt geparkt hatten, ein schnelles Tempo vor, als Felber plötzlich, wie vom Blitz getroffen, mitten auf der Gasse stehen blieb.

„Ist dir das nicht auch aufgefallen, Alfred?“

„Klar, Günter. Er lügt. Das sage ich doch die ganze Zeit.“

„Das meine ich nicht. Dieser leichte Parfumduft in den Räumen. Als ob eine Frau dort wohnt.“